Hilfe! Unser Blog ist komplett leer und ich habe nicht die Absicht dahinter verstanden! Egal, ist vielleicht auch nicht so wichtig. Wir befinden uns grad im Systemwechsel. Am Wochenende waren wir schon im Co-Bewusstsein mit Kim (die von System 3 ist). Jade und Kim haben nämlich über unsere Namen gesprochen, und dass sie es total faszinierend findet, dass jeder auf einen Namen hört oder hören muss, obwohl es nicht der „gefühlte“ Name ist. Ich kann mich nicht an alles aus dem Gespräch erinnern, weil wir ja nur schwach im Co-Bewusstsein waren. Gleichzeitig weiß ich noch, wie Jade gefragt hat woran das liegt, dass wir nicht gerne mit unseren gefühlt richtigen Namen anstatt dem Ausweisnamen angesprochen werden. Kim meinte dazu, dass es unangenehm ist, aber noch unangenehmer, sich selbst vorzustellen, bzw. den Namen selber auszusprechen. Hier im Blog oder im Internet ist es okay, weil wir da nicht von Angesicht zu Angesicht stehen. Und Kim brachte dann das Beispiel: „Wenn wir uns vorstellen müssten (manchmal haben das Therapeuten oder Betreuer übrigens in Vergangenheit wissen wollen wer da ist), dann fühlt sich das an, als müssten wir nen OB vor jemandem rausziehen.“ Bei dem Bild musste ich innen (war ja nur im Co) total lachen, weil das so stimmig ist, dieser Vergleich. Und das ist ja so eine Diskrepanz, weil wir wollen ja eigentlich gesehen und wahrgenommen werden – jeder so, wie er ist, selbst wenn wir als Ganzes funktionieren, ist jeder noch irgendwie er selbst. Dennoch ist dieses sagenhaft beschämende Gefühl da, unsere Namen zu nennen oder mit Namen angesprochen zu werden. Wir sind wirklich sehr froh, dass Frau Blume nie fragt wer da ist und dass es ihr nicht wichtig ist und uns immer nur in der Mehrzahl anspricht oder eben wenn sie spürt, wer da ist, dann eben auch in der Einzahl – sie macht das wirklich sehr gut, sie hat unglaubliches Fingerspitzengefühl dafür.
Wir würden Jade gerne viel besser aufklären über uns. Bisher wusste sie nur, dass wir verschiedene Systeme im Alltag sind, und am Samstag kam eben dieses Thema mit den Namen auf, weil sie meinte, sie hätte in unserem Kommunikationsheft (das hatten wir ihr wohl mal gezeigt wegen der Schriften), verschiedene Namen gesehen. Und dann kamen wir eben auf die Idee, dass wir Namen raten spielen könnten. Erst hat sie ein paar Namen genannt und wir haben gesagt, ob es jemanden bei uns gibt, der so heißt oder nicht. Als wir gemerkt haben, dass das echt schwierig ist, haben wir einen anderen Vorschlag gemacht. Kim hat die Namen der drei Frontpersonen aus jedem Alltagssystem genannt und Jade durfte raten, in welchem System sie sind. Das hat wirklich sogar einigermaßen Spaß gemacht und weil wir das in ein Spiel integriert haben, war es kein bisschen schambehaftet. Minimal vielleicht.
Jedenfalls waren wir da eben sehr im Co-Bewusstsein. An mehr erinnere ich mich nicht. Gestern war dann eben Hanna auf dem Weg zu Jade.
Kurz: Wir haben uns krankgemeldet in der Arbeit, weil es uns wohl nicht gut ging. Dazu muss ich sagen, dass vormittags noch Kim im Außen war. Wir haben jetzt noch nicht alles durchgelesen, Hanna hat bloß unser Instagram Archiv etwas überflogen, aber wir wissen noch nicht genau was los war, dass Kim bzw. System 3 sich so ausgelaugt gefühlt hat. Wir waren also nicht wirklich krank, aber Kim meinte, es ginge ihnen sowieso schon nicht gut und sie sehe nicht ein, dann auch noch fünf Stunden bei der Arbeit zu sein, wo sie sich noch unwohler fühlt und was ihr oder uns (ich hab dazu grad noch wenig Bewusstsein), sehr depressiv und gereizt macht. Ich konnte die Entscheidung, bzw. Begründung nachvollziehen, war trotzdem etwas verunsichert. Ich weiß noch nicht, woher diese Verunsicherung kommt, es hängt bestimmt mit einem Grundgefühl im Bezug zur Arbeit zusammen. Dafür muss ich jetzt erst einmal bisschen ankommen.
Wir waren gestern Abend also mit Jade verabredet. Sie hatte uns zu einem Konzert von einer Pianistin eingeladen, die Werke von Hans Zimmer und Yann Tiersen gespielt hat. Vorher waren wir mit ihr Abendessen und kurz nach dem Essen habe ich Hanna abgelöst. Es war ein super schöner Abend, wir haben vor und nach dem Konzert sehr viel gelacht. Außerdem war ich unglaublich sprachlos… Ich meine, ich habe Jade im Co-Bewusstsein natürlich schon gesehen und an manchen Stellen auch gehört, trotzdem ist das Co-Bewusstsein meistens wie ein Traum und die Gesichter und Erinnerungen in solchen Zuständen nicht sehr real oder greifbar, eher schwach und verschwommen. Es war etwas ganz anderes, sie wirklich in Körperzeit zu sehen und bin einfach nur überwältigt gewesen, wie viel intensiver das alles ist. Alles in einem, meine ich: Sie nicht nur zu hören, oder nicht nur zu sehen, sondern sie zu hören und zu sehen und zu riechen und wirklich mit meinem eigenen Tastsinn greifen zu können. Sie sah so umwerfend aus in dem schwarzen Mantel und den hohen Schuhen, ihren offenen, braunen Haaren und den blau-gesprenkelten Augen. Ich dachte wirklich kurz: „Hey, da haben wir aber wirklich gute Arbeit geleistet.“ Ich glaube, ich habe das auf dem Heimweg auch ausgesprochen und sie musste laut darüber lachen. Ich sagte das etwas anders. Die Heimfahrt verlief nämlich in etwa so, dass ich kaum aufhören konnte sie anzustarren und mir bewusst zu werden, dass diese Frau wirklich neben uns sitzt und wirklich mit uns nach Hause fährt und sie wirklich unsere Hand hält (und ich ihre Haut wirklich fühlen und das nicht nur sehen kann!). Jill ist noch nicht wirklich wach (Jill ist eigentlich überzeugt hetero und hat damals auch die Beziehung zu Nikki aus hauptsächlich diesem Grund beendet). Ich bin gespannt wie das wird, wenn alle aus unserem System wach werden, das kann ja immer ein paar Tage dauern. Ich bin gespannt, wie Jill reagieren, was sie denken oder fühlen oder sagen wird – aber eins ist mir klar, für diese Frau werde ich die Krallen ausfahren und sicher keine Jill entscheiden lassen. Mal abgesehen davon kann ich mir nicht einmal vorstellen, dass selbst stockhetero Frauen Jade nicht attraktiv oder sympathisch finden können. Es gibt an ihr im Grunde nichts, was Jill schlecht reden könnte. Und wenn sie etwas findet, dann nur, weil sie es will. Vielleicht auch, weil sie ihrer Grundüberzeugung standhalten will, dass man Familie nur mit einem Mann gründen kann. Was absoluter Humbug ist. Jade will auch irgendwann Kinder und eine Familie. Mit einer Frau an ihrer Seite. Bei einem Gespräch über unsere Vergangenheit waren wir auch sehr überrascht. Ich weiß nicht, was wir ihr erzählt hatten, weil ich nur den Satz hören kann, den sie sagt, bzw. die Frage, die sie stellt, nämlich: „Wären unsere Kinder denn sicher?“… Erst hat die Frage Druck ausgelöst. Das Bedürfnis, uns rechtfertigen zu wollen. Dann war da aber ganz viel Ruhe und Sicherheit in uns, weil wir ja jetzt schon wissen, dass Kinder, selbst wenn sie nicht unsere eigenen sind, bei uns sicher sein können. Wir antworteten darauf nur: „Ich müsste aufpassen nicht hinter Gittern zu landen, wenn unserem Kind jemand zu nahe treten wollte.“ Und wir meinten das Todernst. Wir wissen, dass wir einen starken Hand zu Selbstjustiz haben was Kinder angeht, weil die hier in unserer Gesellschaft am aller wenigsten geschützt werden. Wir wissen, unsere Kinder wären sicher. Mal abgesehen davon, dass das keine Frage für die nächsten drei Jahre ist. An mehr erinnre ich mich von dem Gespräch nicht, ich weiß nur, dass wir da eine Grundhaltung haben.
TW
Außerdem hatten wir ja 2018 eine ungewollte Schwangerschaft… wir hatten darüber nur nach dem Abgang im Blog sehr selten was erwähnt, weil das Thema… weil wir einfach nicht drüber schreiben oder reden können. Nach wie vor nicht wirklich. Aber schon damals war etwas da und das hört sich furchtbar an, aber wir hatten in der Zeit sehr große Schwierigkeiten uns für oder gegen das Baby zu entscheiden (wir haben es in der 8 SSW bemerkt… glaube ich? Ich bin mir zeitlich nicht sicher, aber das erste Ultraschallbild ist von der 9. SSW). Wir hatten also nicht mehr ganz so viel Zeit uns für oder dagegen zu entscheiden. Ganz abgesehen von der emotionalen Seite ist das nicht so einfach, wie man denkt… der FA wo wir waren, hat zum Beispiel sowas nicht gemacht. Und wir haben echt erst Tage gebraucht um zu verstehen, dass man kaum Frauenärzte finden kann, die das machen – weil die öffentlich nicht damit werben… Plus brauchten wir erst einen Schein (ich weiß nicht mehr, wie der hieß, ich glaube Abtreibungsschein oder so)… jedenfalls eine Bestätigung von einer Beratungsstelle… das geht alles nicht so einfach. Es war eine Horror Zeit und wir haben mit niemandem darüber geredet, wir haben uns schrecklich alleine gefühlt. Nur Sie & Co und Schmetterling wussten bescheid. Jade weiß es mittlerweile auch. Wir hatten ihr unser Ultraschallbild von dem Baby gezeigt… und weil sie es wusste, war unsere Antwort bei dem Thema „Können meine/unsere Kinder sicher sein“ zum Teil auch die: „Ich fühle mich furchtbar, das zu sagen, weil ich weiß, dass das kein Grund sein darf. Aber ich wusste, wenn ich das Kind bekommen würde, würde ich den Ausstieg schaffen. Ich wusste, wenn das Baby erst da ist, würde ich alles dafür aufgeben – mein Zuhause, meine Familie, meine Freunde – nur, damit das Baby in Sicherheit ist. Ich hätte alles dafür getan.“ Ich finde, das ist nach wie vor kein gutes Argument. Aber das Argument, diese eine Liebe für das Kind… das kann man nicht beschreiben. Das Baby war nur 11 Wochen in unserem Bauch und wir haben schon so eine tiefe und enge Bindung gespürt, so eine Liebe, so eine Kraft und Sicherheit… ja… wie dem auch sei…
TW ENDE
Bin abgeschweift, tut mir leid. Jedenfalls ist sich Jade scheinbar genauso sicher in einer langen Zukunft mit uns wie wir mit ihr, sonst hätte sie niemals so eine Frage gestellt. Ich bin jedenfalls sehr gespannt auf den Moment, wo Jill Jade kennenlernt. Ich werde auf jeden Fall harte Arbeit leisten, um ihr so viel von meinen Gefühlen aufzuzwängen wie ich nur kann 😀 Ich weiß, das ist nicht fair, aber ich will um etwas kämpfen, das uns guttut und für die Liebe, die wir durch sie empfinden.
Jade musste im Auto also immer wieder ein wenig lachen, als sie bemerkt hat, dass ich nicht aufhören konnte sie anzustarren. Ich habe zwar immer wieder den Blick von ihr gerissen, aber so wirklich funktioniert hat es nicht. Als ich mich beim Grinsen erwischt habe und sie lachen musste, musste ich auch lachen und meinte dann: „O-kay. Oh mein Gott. Du bist eine erwachsene Frau!“ Habe durchgeatmet… und musste dann erst recht lachen. Dann konnte ich nicht mehr. Ich kam mir so albern vor, hatte wirklich die Befürchtung, dass es einfach nur absurd wirken muss auf sie. Also sagte ich: „Ich weiß, das klingt… oh Gott… aber ich habe dich bisher nur im Co-Bewusstsein gesehen und… es ist so anders.“
Überraschenderweise reagierte sie nicht überrascht 😀 Sie lächelte einfach nur total sanft, nickte einmal kurz und meinte dann: „Jetzt macht das wirklich Sinn. Ich habe es schon beim Abendessen vermutet…“
„Was macht Sinn und was hast du vermutet?“
„Dass wir in einem anderen System sind. Wegen dem Bier. System drei mag kein Bier. Sinn macht für mich, dass du aussiehst als wärst du frisch verliebt und als hätten wir unser erstes Date. Weil es scheinbar so ist…“
Erstens muss ich loswerden, wie schön ich es finde, dass Jade uns nicht so „offenbarend“ behandelt hat. Wir haben nicht gemerkt, dass sie einen Wechsel gemerkt hat. Ich glaube kurz bei dem Bierthema beim Essen schon… weil sie da auf eine gewisse Art und Weise reagiert hat… aber darauf habe ich gerade keinen Zugriff, weil ich da nicht richtig im Co-Bewusstsein war. Aber ich glaube, sie hat gelacht und gesagt „ich liebe es…“ so in etwa. Ist aber nicht weiter darauf eingegangen (glaube ich). Jedenfalls hat sie es nicht zum Thema gemacht, dass sie den Wechsel bemerkt hat.
Sie fragte dann, ob wir in System 5 wären und ich war wirklich erstaunt und fragte, woher sie das wüsste. Sie meinte, sie sei sich nicht sicher gewesen, aber dass Kim ihr schon einiges erklärt hatte. Unter anderem, dass unser System wohl „wilder“ sei als die anderen. Und gerne Bier trinkt. 😀 Und dann meinte sie noch, sie hätte es an meinen Augen gesehen. Das fand ich sehr aufwühlend. Ich habe dann immer das Gefühl, dass uns jeder ansehen kann, dass wir viele sind und das macht uns nervös. Das wollen wir nicht. Aber Jade meinte, das würde ihr nicht auffallen, wenn sie es nicht wüsste. Es seien Nuancen, wie ich rede oder meine Blicke. Wenn man es nicht weiß, merkt man es einfach nicht. Sie fragte, ob es mir unangenehm sei, dass sie das sehen kann oder ob ich mich beobachtet fühle. Ich sagte „Nein. Kein bisschen.“ Und meinte das auch so.
„Und wie ist das für dich, dass ich so viel schon von dir weiß? Ist das ein unangenehmes Gefühl oder … Ich stelle mir das nämlich so vor, wie wenn du mir ein Meme zeigst, dass du total lustig findest, und ich einfach nur sage: Kenn ich schon.“
Ich dachte darüber nach und meinte: „Nein… tatsächlich überhaupt nicht. Es ist eher total beruhigend und entspannend, ich fühl mich sicher und erleichtert, weil der schwerste Teil irgendwie getan ist… weil ich finde es super anstrengend und schwer, Menschen in unser Vielesein einzuweihen. Jetzt ist es einfach getan. Du weiß es und ich muss nicht mehr viel erklären… ich kann einfach ich sein…“
„Damit hätte ich nicht gerechnet, aber ja, das ist absolut logisch… und schön.“
Ich habe sie wieder angestarrt und mir einfach nur gedacht: Wow, diese Frau geht wirklich an meiner Seite… und musste lachen… dann meinte ich: „Außerdem: Ich bin ziemlich stolz auf unseren Fang, und ich musste nicht einmal was dazu beitragen. Ich sitz jetzt einfach neben einer bildschönen Frau, die ich ohne Anstrengung in mein Bett einladen werde… Das kann auch nicht jeder von sich behaupten.“ Das war natürlich ein sehr plumper Witz, aber Jade musste so herzhaft darüber lachen. Dann meinte sie noch: „Oh, jetzt werde ich doch auch wieder ein bisschen nervös.“
„Toll, oder?“, meinte ich dann und ehrlich gesagt war ich etwas froh, dass ich jetzt nicht mehr die Einzige war, die nervös war.
„50 erste Dates? Das ist absolut großartig! Das ist einfach klasse!“
Und ja… es war als hätte ich sie das erste Mal gespürt. Im Co Bewusstsein, wie gesagt – es ist ein sehen oder hören. Aber es ist nie real. Es ist immer wie ein Traum, wie Spinnenweben, nach denen man greifen will. Ich wusste, wie sie aussieht, kannte ihre Stimme. Aber sie wirklich mit „echten“ Augen zu sehen und alles wahrzunehmen – so ganz in echt, im Außen… mh… das war einfach überwältigend und ich glaube, ich habe mich heillos verliebt. Nein, ich bin mir absolut sicher.
-Joan